Die sichere Geldanlage

Wir wünschen uns dies alle, eine kalkulierbare, sichere Geldanlage. Natürlich soll sie sich möglichst gut entwickeln. Genauso wie wir uns möglichst ein kalkulierbares Leben wünschen, welches sich gut für uns entwickelt. Menschen, die sich letzteres nicht wünschen, die eher das Abenteuer suchen und überhaupt nicht daran interessiert sind, jetzt schon zu wissen, was in 5 Jahren passiert, weil sie nicht mal wissen, was in fünf Tagen passieren soll, haben in der Regel weniger sichere Geldanlagen. Und wenn sie die haben, dann hat sie ihnen jemand geschicktes verkauft, weil sie sich selbst für sowas langweiliges wie Geldanlagen nicht interessieren. Sind sie selbst aktiv in Sachen Geld,  dann wahrscheinlich an der Börse oder gleich in Bitcoin oder anderen Sachen, die Gewinn und Risiko versprechen und nicht gut zu kalkulieren sind.

Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Sehr viel. Geld eignet sich hervorragend für Projektionen. Wir können alles in Geld reininterpretieren und dem Geld eben auch Dinge zuschreiben, bei denen wir nicht mehr so ganz sicher sind, ob wir sie selbst noch ausreichend spüren. Eben wie beispielsweise die Sicherheit. Wer auf die Frage, was Geld für sie ist, u.a. Sicherheit nennt, hat diese Geldprojektion. Wir haben die eigene Sicherheit im Leben irgendwann immer mehr auf das Geld projiziert. Und das war nicht immer so. Als wir auf die Welt gekommen sind, haben wir uns erstmal ganz ohne Geld sicher gefühlt. In der kindlichen Beobachtung unserer Eltern oder anderer Erwachsener wurden vielleicht schon die ersten Verknüpfungen zwischen Sicherheit und Geld hergestellt. Weil Erwachsene darüber reden, weil sie Angst und Unsicherheit zeigen, wenn sie kein Geld haben. Kinder haben für sowas Antennen, auch wenn nicht darüber geredet wird. Bei vielen wird spätestens bei der Berufswahl eine Verknüpfung zwischen Geld und Sicherheit hergestellt. Ich kenne keine Eltern, die ihren Kindern eine aufregende Künstlerkarriere empfohlen haben oder Eltern, die es aufregend fanden, wenn ein (solide) Ausbildung abgelehnt wurde, weil es doch viel spannender ist, gleich im Internet ein kleines oder großes Unternehmen aufzubauen. “Mach was Sicheres, lern erstmal was Solides, such dir was, was gut bezahlt wird.”  Das sind eher die Devisen, die natürlich auch vermitteln, dass Geld ganz viel mit Sicherheit zu tun hat.

Aber es gibt sie nicht, die Sicherheit! Im Leben. Außer, dass es tödlich endet! Und wir unser Geld nicht mitnehmen können. Wir also eine Sicherheit schaffen, die am Ende – wann immer das ist – noch nicht mal hilft. Um die Projektion wieder aufzulösen und damit auch das Streben nach der sicheren Geldanlage – genauso wie nach Streben nach immer mehr Geld – müssen wir uns unsere Projektion deutlich machen. Es ist ja völlig okay, sich nach einem sicheren Leben zu sehnen. Aber je mehr Du die Sicherheit dem Geld zuschreibst, desto weniger fühlst Du Dich aus Dir selbst heraus sicher. So ist das mit Projektionen. Je mehr Aufmerksamkeit ich der Sicherheitszuschreibung in Richtung Geld schenke, desto weniger fühle ich mich aus mir selbst heraus sicher. Man kann das gut beobachten, wenn man Menschen mit dieser Projektion nach der Steigerung ihres Vermögens fragt. Bei einer Coachee hat sich das so angehört: “Ja klar, als ich mit meinem Job angefangen habe, da habe ich mir vorgenommen, 20.000 € zu sparen, also ungefähr die Ausgaben von einem Jahr um mich sicher zu fühlen. Keine Angst mehr vor einer Kündigung zu haben und auch das Gefühl, genug zu haben. Als ich dass dann erreicht hatte, dass war vielleicht so vier Jahre später, habe ich selbstverständlich weiter gespart und investiert. Und ja, ich hab mir da nicht nochmal eine Summe gesetzt, aber sie wäre höher gewesen. Heute (sie ist inzwischen Anfang 50) habe ich über 300.000 € auf der hohen Kante und würde aber trotzdem sagen, dass es schon 500.000 € sein müssen, damit es mit der Altersversorgung gut funktioniert. Und es kann sein, dass ich mit Anfang 60 die Summe nochmal hochschraube.” Das Gefühl der Sicherheit ist unersättlich. Ich bin gespannt, ob mir jemand in den Kommentaren mitteilt, dass Geld für sie Sicherheit bedeutet und sie aktuell genug Geld hat.

Wie dies aber jetzt auflösen? Nicht mit Denken, nur mit Fühlen. Zwei Sätze habe ich von Monika Müller, Geldcoach aus Wiesbaden, gelernt. Die man nur fühlen kann. Wie fühlt sich für Dich der Satz an: Ich bin sicher, mit und ohne Geld? Vielleicht auch als Variation: Ich bin sicher ohne Geld. Fühl einfach mal rein – geh mit dem Satz spazieren, lass ihn auf Dich wirken. Welche Gefühle stellen sich ein, sind sie angenehm oder unangenehm? Verändern sie sich mit der Zeit?

Die andere Variante nimmt die vermeintliche Sicherheit ins Visier: Ich bin unsicher und das ist gut so. Auch dieser Satz soll und darf Gefühle auslösen, die es zu beobachten gilt.

Beide Varianten  dürfen uns auf der einen Seite die Sicherheit, die wir haben – auch ganz jenseits des Geldes – deutlich machen und gleichzeitig auch die Unsicherheit. Denn wirklich sicher sind wir auf dieser Welt nicht, es können immer überraschende, traurige, aufregende, erschütternde und auch abschließende Dinge eintreten, die plötzlich alles anders machen. So ist das nun mal.

In diesem Sinne glaube ich auch nicht, dass es eine sichere Geldanlage gibt. Aber ich bin auch sonst im Leben ein Fan von vielen Möglichkeiten, von vielen Optionen und vielen Standbeinen. Und so glaube ich auch, dass bei Geldanlagen eine breite Streuung die Option erhöht, bei einigen Geldanlagen Unsicherheiten auszuhalten und bei anderen Geldanlagen mit Sicherheit Gewinne zu machen. Leider wissen wir vorher nicht, welche, welche war. Aber das ist wie im richtigen Leben: Man weiß eben bei vielen Entscheidungen zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht, ob es eine gute Entscheidung war.

1 KOMMENTAR
Mareile

Hallo Gisela, finde es sehr spannend, dass du anregst sich selbst zu fragen wie sicher wir uns auch ohne Geld fühlen. Stoff zum nachdenken!

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