Vor einen halben Jahr habe ich einen sehr netten Mann kennengelernt. Wir sind schnell zusammen gekommen, er hat es gerade in der Anfangszeit vorzüglich verstanden, mich in meiner Weiblichkeit anzusprechen und mich mit Komplimenten und schönen Einladungen zum Essen für sich einzunehmen. Ich habe es genossen, mit ihm auszugehen. Er kam immer im Anzug, ich habe meine hochhackigen Schuhe und schöne Kleider aus dem Schrank gekramt und mich als schönste Frau im Raum an der Seite eines gutaussehenden Mannes gefühlt. Und um nicht um den heißen Brei zu reden, wir hatten auch viel Spaß im Bett.
Über die Streitigkeiten mit seiner Ex-Frau habe ich zwischen den Zeilen auch verstanden, dass ich einen reichen Mann an meiner Seite hatte. Es gab Grund, sich zu streiten. Richtig viel hat er damit nicht rausgerückt, aber manchmal hat er auch über seine Arbeit berichtet und ich nehme an, er verdient sechsstellig und zwar nicht im unteren Bereich.
Natürlich habe ich auch Freundinnen von meiner neuen Liebe erzählt. Alle waren begeistert und haben sich mit mir gefreut. Spannend fand ich, wieviel das Wort Prinz in den Mund genommen haben und das etliche die Lösung aller meiner finanziellen Fragestellungen in ihm gesehen habe. Mit ihm gäbe es keine Probleme mehr bei der Rentenlücke im Alter, mit ihm wären teure Reisen drin und schöne Abendessen in teuren Restaurants. Von letzteren konnte ich ja auch schon reichlich berichten. Bei allen anderen Aussagen hat sich bei mir ein Widerstand entwickelt. Ich will mich nicht auf die Finanzen eines Mannes verlassen. Ich will es alleine schaffen. Ich bin schon einmal verlassen worden und weiß wie es ist, wenn man sich auf einen Mann verlässt. Nicht sicher. Eben nicht meins. Mit dem Weggang des Mannes ist dann eben auch alles wieder hin. Aber es waren ja auch nur die Aussagen meiner Freundinnen, ich habe es zunächst erstmal schon genossen, einen Partner zu haben, der wie selbstverständlich unsere Ausflüge, Theaterbesuche und was auch immer bezahlt. Und der mich als Frau bewundert und mir viele Komplimente macht.
Die Überschrift lässt darauf schließen, dass jetzt irgendwann ein großes ABER folgt. Stimmt, diese Geschichte endet nicht mit dem Märchensatz: Und sie lebten zusammen glücklich bis an ihr Lebensende! Denn es gab ein paar kleine Details, die mich im Laufe der Zeit immer mehr genervt haben. Im Rückblick würde ich sagen, es waren Details, die die Macht zwischen uns festlegten. Wir konnten über bestimmte Themen, wie Finanzen oder in Ansätzen auch Politik keine langen Gespräche führen. Irgendwann wurden meine Beiträge subtil abgewertet und das Thema gewechselt. Ich glaube, er konnte oder wollte nicht zulassen, dass eine Frau hier gleichwertig war als er. Oder vielleicht sogar hier und da besser argumentieren konnte. Auch haben mich in seiner Kommunikation so pauschal Bezeichnungen von Frauen als “Mädchen” gestört. “Die Mädchen beim Arzt vorne an der Rezeption”. Kennt ihr das? Gestandene Frauen werden trotzdem als Mädchen oder Mädels tituliert? Weil sie einen “geringen” Job haben oder eben noch als jung wahrgenommen werden. Um dann in der Kommunikation als nächstes in “alte Schachtel” umbenannt zu werden? Er hat nie mit mir so gesprochen, wir wären dann auch nie ein Paar geworden. Aber mir ist es schon bitter aufgestossen, wenn er andere Frauen so beschrieben hat.
Meistens haben wir uns in meiner Stadt getroffen. Er ist gerne zu mir gekommen und das war mir recht. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, dass ich selbstverständlich das ganze Wochenende frei schaufle und nur für ihn da war. Immerhin habe ich mich ja auf ihn gefreut und es genossen, Zeit mit ihm zu verbringen. Bei den ersten beiden Besuchen bei ihm war das auch so. Dann kamen immer mehr Termine bei ihm dazwischen und es war schier unmöglich, ihm beizubringen, dass ich meine Besuche lieber anders legen würde, um dann mit ihm Zeit zu verbringen und nicht auf ihn zu warten. Es war ihm nicht beizubringen und irgendwann ist mir gedämmert, dass auch hier ein gewisses Maß an Respekt und eine subtile Form der Machtausübung stattfand. Er entscheidet, wann er für mich Zeit hat, mir wird dieses Recht nicht eingeräumt. Und so habe ich vor zwei Wochen bei ihm das Ganze auch beendet. Ich will nicht nur die schöne Frau an irgendeiner Seite sein. An diesem Wochenende war dies wieder extrem. Zwischendurch sind wir schick ausgegangen, in einem Restaurant, in welchem ihn viele kannten. Dazwischen sass ich zuhause bei ihm und habe gewartet. Bei einem schicken Besuch in einem Café bin ich dann explodiert. Das hat mir zugegeben Spaß gemacht. Ihn lautstark in einem Café zusammenzufalten, in welchem ihn Leute kannten. Es war ihm super peinlich und er hat versucht, mich möglichst schnell ins Auto zu bekommen. Wir sind dann zu ihm gefahren, um mein Gepäck zu holen. Dann hat er mich zum Bahnhof gebracht. Interessanterweise hat er keinen Moment lang versucht, mich umzustimmen. Aus der Reihe, wenn die Frau nicht mehr nur schön, sondern auch anstrengend ist, soll sie lieber gehen. Nun bin ich also wieder ohne Prinz – das tut weh. Und ohne reichliche Altersvorsorge. Das tut nicht weh, sondern ist eher ernüchternd. Oder eigentlich eine Bestätigung. An dem Punkt war ich schon: Ich bin für mein Geld und meine Altersvorsorge allein verantwortlich, es wird kein Prinz kommen, um mich zu retten! Und ich möchte hinausschreien in die Welt, dass dies für alle Frauen gilt! Besonders auch an alle meine Freundinnen, die mich zwischenzeitlich fast auf einen alten Pfad geleitet hätten.
“Es sagt leider auch etwas über uns Frauen aus, wenn deine Freundinnen sich zuerst über die mögliche finanzielle Versorgung freuen, anstatt zuerst den Charakter und den Umgang prüfen zu wollen.”
Für Männer ist dieser Zustand das Abtörnendste überhaupt.
Leider fällt zu häufig das Wort ‘Geld’, das ist sehr schade.
Ich hatte mal ein Date mit einem gut gestellten Abteilungsleiter. Er war gut 10 Jahre älter als ich und an sich ein netter Kerl, wir hatten uns einige Wochen geschrieben. Er fragte mich, welchen Schmuck er mir schenken dürfte (arbeitete in der Schmuckbranche) und ich lehnte ab. Liebe kann man nicht kaufen. Wir trafen uns er holte mich mit seinem dicken Wagen ab und parkte im Halteverbot “Ich kenn da einen bei der Polizei..” Er war sehr nett zu mir, aber in seiner Statuswelt sehr gefangen. Man merkte immerhin, dass er gewillt war, Normalität in sein Leben zu bekommen. Obwohl er nett war und ich ihn vor den Kopf stieß, war er einfach nicht der Richtige und ich traf ihn kein zweites Mal.
Liebe Miriam, auch bei euch hat es einfach nicht gepasst. Such dir einen lieben Mann, der schon glücklich ist, wenn er dich einfach im Arm halten kann und kein Tamtam drumrum braucht.
Die Medaille hat zwei Seiten. Denn es gibt leider genug Frauen die darauf zielen und entsprechend genug Männer die das wollen.
Was ich aber persönlich sehr weiblich und überzogen finde, ist die Selbstdarstellung im Cafe. Warum muss man vor aller Welt ausflippen und jemanden bloß stellen?
Das mag jetzt einseitig klingen, aber so ein Verhalten kenne ich wirklich nur von uns Frauen. Und es wird lustigerweise gesellschaftlich toleriert, dass der Mann dann wohl ein
Ar*** war und es verdient hat.
Miriam hat längst einen Neuen, aber gerne auch noch neue Kommentare:
Wie sagt man so schön, alles hat seinen Preis – in deinem Fall wäre es gewesen, ein “Weibchen” zu sein, ein Präsentations- und Ausstellungsstück im Gegenzug für Geschenke, Ausgehen und eventuelle finanzielle Versorgung. Leider gibt es immer noch viel zu viele von diesen Männern, an denen die Gleichberechtigung wohl spurlos vorbeigegangen ist, und die anderen sind verwirrt
Kopf hoch, du hattest trotzdem eine gute Zeit und einen Einblick in eine andere Welt. Es sagt leider auch etwas über uns Frauen aus, wenn deine Freundinnen sich zuerst über die mögliche finanzielle Versorgung freuen, anstatt zuerst den Charakter und den Umgang prüfen zu wollen. Aber wir lernen alle und ich finde es toll, dass du zu deinen Idealen standest, ihm die Szene gemacht hast und dich nicht hast einlullen lassen! Auch das hätte passieren können und diesen Weg gehen sicher auch viele. Also aufstehen, Krohne richten und weiter gehts