Mit Mut geht finanzielle Freiheit sehr früh

Dieses Jahr werde ich 50. Mit 45 war ich finanziell frei. Ein halbes Jahrzehnt Freiheit. Zeit eine kleine Rückschau zu halten. Obwohl ich mich immer noch als Suchende bezeichnen würde. Gleichzeitig aber auch als Beschenkte, die das Privileg, nicht mehr für Geld arbeiten zu müssen, immer mehr annehmen und geniessen kann.

Zunächst aber eine kleine Rückschau auf die letzten fünf Jahre, was für mich wichtige Meilensteine waren, die mich verändert haben und die ich als wesentliche Lernschritte wahrnehme:

Mein größtes Darlehen ist getilgt

Mit der Tilgung meines letzten großen Kredites für mein (halbes) Mietshaus war ich finanziell frei.  Die Mieteinnahmen werden meine Lebenshaltungskosten decken. Der Moment an meinem Schreibtisch, als mir dies klar wurde, ist denkwürdig. Die erste reale Auswirkung als es soweit war: Ich habe mein Angebotsspektrum als Selbständige überprüft und einige Dinge rausgeworfen, die ich überwiegend gemacht habe, um gutes Geld zu verdienen, aber nicht, weil sie mir Spaß gemacht haben. Außerdem wusste ich, dass ich mit einigen Kunden perspektivisch nicht weiterarbeiten will.

Es dauert, bis die Freiheit im Herzen ankommt

Es hat einige Jahre gedauert, bis in meinem Herzen diese Tatsache angekommen ist. Ich musste dabei viele Glaubenssätze zum Thema Arbeit über Bord werfen. Die waren zäh, haben sich in immer wieder unterschiedlichen Facetten gezeigt und ich bin noch nicht mal ganz sicher, ob sie heute schon alle weg sind. Denn neben den Glaubenssätzen, die mich zum Arbeiten anhalten, ist da ja noch mehr. Anyway, einige Jahre habe ich immer noch Aufträge angenommen und viel gearbeitet. Allerdings habe ich nur noch Sachen angenommen, die mir sinnig erschienen und bei denen ich grundsätzlich Lust hatte, mit dem Kunden oder dem Thema zu arbeiten. Außerdem habe ich mir häufiger freie Tage genommen, weil ich andere Dinge getan habe. Nebenbei habe ich unzählige Varianten von Excel-Tabellen gebaut, um mir in vielen verschiedenen Formen zu errechnen, dass mein Geld tatsächlich bis zum Lebensende reichen wird. Logisch wurde mir dabei auch bewusst, wie reich ich bin. Das hatte dann auch gleich neue Konsequenzen:  

Luxus zieht ein

Während ich also eigentlich die finanzielle Freiheit errechnet und gleichzeitig gearbeitet habe, ist auch mehr Luxus ins Leben getreten. Wenn die Tatsache ankommt, irgendwie reich zu sein, dann hat das Auswirkungen. Zunächst manifestierte sich das in einem neuen Wohnzimmer, später kamen noch andere Ausgaben dazu. Die einzelnen hohen Positionen finde ich dabei überschaubar. Schwieriger finde ich, dass wir auch unsere laufenden Ausgaben gesteigert haben. Von denen werden wir so schnell nicht wieder runterkommen.

Nur die Mieteinnahmen decken die Kosten plötzlich nicht mehr

Damit war die finanzielle Freiheit eigentlich dahin. Also in der engen Definition, dass die passiven Kapitaleinkünfte die Ausgaben komplett decken. Ich habe also wieder meine Excel-Tabelle hervorgeholt und ausgerechnet, wie viel wir pro Jahr entnehmen dürfen und dies immer noch bis zu einem stolzen Alter von ungefähr 100 reicht. Das ist schon irgendwie befremdlicher, geht aber auch. Es bleibt halt so ein ungutes Gefühl zurück, wenn man darüber nachdenkt, wie es wohl ist, wenn mit 99 das Konto langsam aufgebraucht ist. Umgekehrt kenne ich viele Freundinnen, die eh in die Grundsicherung rauschen, vielleicht mache ich dann am Ende des Lebens nochmal ganz neue Erfahrungen. Aber ich schweife ab. Zurück zum Rückblick:

Ich arbeite nicht mehr

Im letzten Jahr habe ich für etwa sieben Monate tatsächlich nur noch ganz wenig gearbeitet. Ich habe null Akquise gemacht, das eine und andere abgelehnt und im wesentlichen die Zeit im Garten und auf Reisen genossen. Es hat also über drei Jahre gedauert, bis ich den Gedanken, dass ich gerne arbeite und es deshalb tue, zumindest befristet über Bord werfen konnte. Auf diese Befristung musste ich übrigens erstmal kommen. Lange Zeit habe ich gedacht, jede Änderung, die ich jetzt vornehme, mache ich bis zum Rentenalter. Keine Ahnung, wie ich auf diese Idee gekommen bin. Sie hat mich auf jeden Fall ganz schön blockiert. Erst als ich zulassen konnte, einfach mal befristet etwas weniger zu tun, konnte ich es auch zulassen und ausprobieren. Wie es war? Am Anfang ungewohnt, dann unglaublich schön und dann ein bisschen fad. Also es war eigentlich schon noch okay, man kann sich an das Leben in den Tag hinein echt gewöhnen. Zumal ein Garten, der gute Erträge abwirft, im Spätsommer und Herbst auch durchaus Arbeit macht. Dennoch, im Oktober habe ich bei einem Unternehmen wieder bei einer Veranstaltung mitgemacht. Sie hatten das schon lange gebucht und ich hatte auch schon lange zugesagt. Ich erinnere mich, dass ich bei der Fahrt dorthin noch gedacht habe, wie komisch, jetzt wieder in den Arbeitsmodus zu schalten. Ob ich das wohl noch kann? Als ich dort war, war alles gut. Ich habe mich gefühlt, wie ein Fisch im Wasser und habe nach drei Tagen ein wunderbares Feedback erhalten. Beschwingt bin ich nachhause gefahren. Ich habe mich lange nicht mehr so gut gefühlt.

Es darf und muss aber nicht

Inzwischen arbeite ich wieder. Im Januar und Februar war es glatt Vollzeit. Es hat Spaß gemacht, ich hatte mit aufregenden Kunden zu tun und das Gefühl, dass ich wertvolles geben kann. Dafür stehe ich dann halt auch gerne mal früher auf, fahre in andere Städte und habe auch mal lange Arbeitstage. Was dabei aber super ist, ist die Tatsache, dass ich weiß, ich muss das nicht das ganze Jahr so machen. Die Finanzierungslücke aus unseren gesteigerten Lebenshaltungskosten hatte ich schon Ende Februar wettgemacht. Ich werde trotzdem weiterarbeiten, alleine weil es Spaß macht. In den Sommermonaten nicht so intensiv, aber dennoch stetig. Und ich bin sicher, das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Von daher waren wahrscheinlich viele meiner Excel-Tabellen notwendig für mein Sicherheitsgefühl, aber völlig irrelevant für die Praxis.

Finanzielle Freiheit kann viel früher beginnen

Wenn ich jetzt auf diese Erfahrungen zurückblicke, dann kann ich für mich als Fazit nur ziehen, dass ich mir ein Leben ohne Druck viel früher hätte zutrauen können. Ich habe meine ganzen Finanzszenarien gebraucht, um gegen meine Unsicherheit vorzugehen. Die Unsicherheit, dass ich in einer Freiberuflichkeit, die sich nur nach Lust, Sinn und guten Kunden richtet, vielleicht doch nicht genug Geld erwirtschaften werde.

Sehr gut überlegt hatte ich den Schritt von der Anstellung in die Selbständigkeit. Das war ein großer Schritt, bei der mein Sicherheitsmanager schier ausgeflippt ist. Und ich bin sehr stolz, dass ich ihn gegangen bin. Sogar einige Jahre bevor der große Kredit getilgt war. Allerdings mit vielen Abstrichen. Ich habe wirklich alles gemacht, was an mich herangetragen wurde. Den Wechsel hin zu den Dingen, die ich wirklich gerne mache, den habe ich mich erst mit einem fetten finanziellen Polster getraut.

Wenn die Angst nicht gewesen wäre, dann wäre dies viel früher gegangen. Unseren sparsamen Lebensstil können wir locker mit meinen Traumkunden decken (für den neuen Luxus sind die Mieteinnahmen ganz gut). Mit Tätigkeiten, die ich gerne und gut mache. Was es braucht, ist ein guter Puffer. Ich würde also sagen, für meinen Lebensstil und die Art wie ich jetzt arbeite, bräuchte ich keine Million, sondern etwa 200.000 €. Genug Geld, um zum einen ein bisschen daraus zu erwirtschaften und um zum Anderen gelassen bleiben zu können, wenn ich eine Zeitlang (auch etwas länger) nicht arbeiten will oder wenn mich Kunden aus welchen Gründen auch immer verlassen und ich sie so ohne innere Panik ziehen lassen kann.

Diesen letzten Part schreibe ich nicht so sehr für mich – ich bin weit übers Ziel hinausgeschossen. Aber vielleicht träumst du auch von der finanziellen Freiheit und hast gleichzeitig Ideen, was du dann machen willst. Und wenn du dir diese Ideen anschaust und langfristig überlegst, was dir Spaß machen wird, dann sind da vielleicht auch Tätigkeiten für andere Menschen dabei. Einfach weil wir gerne unser Wissen teilen, Menschen helfen und eine gute Zeit miteinander verbringen wollen. Wenn da auch Sachen sind, für die dir andere vielleicht danken werden, für die sie dich anerkennen wollen, dann wird früher oder später wahrscheinlich auch mal Geld fließen. Wenn du also von solchen Freiheit träumst, dann kannst du dir vielleicht eine Abkürzung erlauben, die mir mein innerer Sicherheitsmanager nicht erlaubt hat. Nur Mut!


 

8 Kommentare
 
Markus (MDFIRE2024)

Hallo Monika,

vielen Dank für diesen tollen Artikel. Ich habe deinen Erfahrungsbericht sorgfältig durchgelesen und mir viele Notizen gemacht. An solchen Erfahrungsberichten finanziell freier Personen bin ich besonders interessiert. Ich finde es unglaublich aufschlussreich, wie sich das Leben verändert nach der finanziellen Freiheit. Gleichzeit bietest du sehr viele Erkenntnisse an. Ich selbst bin Mitte 30 und möchte Mitte 40 finanziell unabhängig werden. Von daher möchte ich am Besten schon jetzt beherzigen, was bereits finanziell freie Personen erfahren haben.

Eine Frage habe ich noch. Was meinst du (konkret) mit: “ich bin weit übers Ziel hinausgeschossen” ?

Nochmals: Ganz toller Bericht. DANKE
Viele Grüße
Markus (MDFIRE2024)

Markus (MDFIRE2024)

Danke für die Klärung. Jetzt verstehe ich besser, was du damit gemeint hast.
Ich für meinen Teil kann dir bestätigen, dass ich einiges lerne von deinen “reflektierenden” Blogposts. 🙂

Daniel

Danke für den tollen Artikel Monika,ich bin hänge zur Zeit auch oft über exeltabellen und rechne alles zum 100en Mal in der xten Variation durch, vor allem auch weil ich immer in Gedanken endgültige Szenarien plane, Dein Erfahrungsbericht hat mir sehr geholfen, danke dafür und viele Grüße! Daniel

Elfi

Hallo Monika
Ich weiß nicht wie ich zu deinen Artikel gekommen bin aber ich finde ihn grandios und ich glaube daran dass sich Dinge in Bewegung setzen und bestimmt die Anziehung haben !
Ich bin sehr dankbar deinen Artikel lesen zu dürfen !
Liebe Grüße Elfi

Zinskraft

Hallo Monika,

interessant, dass der Titel „Mut“ beinhaltet. Ich bin 29 und jetzt exakt 1 Jahr in meinem ersten festen Job nach dem Studium. Der Job macht mir wirklich Spaß und ich glaube nicht, dass ich als Angestellter irgendwo anders mehr Spaß hätte. Und trotzdem habe ich bereits jetzt realisiert, dass ich nicht die nächsten 40 Jahre an 5 Tagen in der Woche 8 Stunden lang im Büro sitzen will. Gut vorstellen kann ich mir eine drei Tage Woche.

Nebenbei würde ich sehr gerne eigene Projekte starten. Einen Schritt in die Selbständigkeit (als Nebenverdienst) starte ich aktuell, indem ich mich mit dem Thema „Amazon FBA“ auseinandersetze. Mal sehen, wie es laufen wird. Da gibt es dann auch einiges zu tun und ich investiere aktuell sehr viel (Frei)zeit dort hinein, aber es fühlt sich nicht wie Arbeit an und vor allem kann ich das ortsunabhängig vorantreiben, was ich auch sehr wichtig finde. Insofern passt dein Titel für mich sehr gut und ich habe das Gefühl, dass ich das Richtige tue!

Gruß
Martin

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