Keine Lust auf eine Vollzeitstelle auf Dauer!

Foto: Melissa Bungartz
Foto: Melissa Bungartz

Heute freue ich mich, Euch Martin und Pia vorzustellen. Zwei Menschen, die sich engagiert auf den Weg zur finanziellen Freiheit aufgemacht haben.

Martin ist 29 Jahre und arbeitet seit einem Jahr in seinem ersten Job nach dem Studium als Projektleiter bei der Stadt. Zusammen mit seiner Frau Pia (27), die ihn zum Sparen animiert hat, strebt er die finanzielle Freiheit an. Diese wollen die beiden durch einen genügsamen Lebensstil, durch Investieren, aber auch durch gemeinsame nebenberufliche Projekte erreichen. Auf seinem Blog www.zinskraft.de schreibt Martin über seine Gedanken und Vorgehensweise zum Vermögens- aber auch Muskelaufbau. Ein großer Teil der Artikel entsteht dabei in Koproduktion mit seiner Frau.

Wie und wann ist Euer Wunsch nach finanzieller Freiheit entstanden? Gab es dafür Vorbilder? 

Pia & Martin: Bereits während des Studiums haben wir es genossen oftmals einfach in den Tag hineinzuleben, ohne einen fremdbestimmten, starren Tagesablauf. Zu dieser Zeit hatten wir beide keine Anwesenheitspflichten an der Uni und haben uns maximal frei gefühlt. Obwohl vor allem bei meiner Frau jahrelang das erste juristische Staatsexamen bevorstand und es sehr viel zu lernen gab, konnten wir die Zeit flexibel einteilen. Unsere größte Angst war, dass das Berufsleben uns dieses Gefühl von Freiheit nimmt.

Pia: Im Oktober 2015 begann ich mein Referendariat und mein erster Gedanke war, dass mein maximal flexibles Leben nun vorbei ist, denn das Referendariat ist komplett durchgetaktet. Dazu kam der Lerndruck, den das zweite Examen mit sich bringt. Jetzt hatte ich also keine Freiheit mehr und war vom Lernen aber noch immer nicht befreit. Während des Referendariats entdeckte ich die Vorzüge von Teilzeitarbeit, denn die Arbeitsgemeinschaften waren in der Regel gegen Mittag zu Ende, sodass ich den Nachmittag immerhin frei gestalten konnte und sei es nur, um Arzttermine vereinbaren zu können.

 

Eine Vollzeitstelle wurde für mich immer undenkbarer und damit sank auch die Motivation das zweite Examen zu rocken. Ohne Vollzeitstelle kann ich ohnehin keine Karriere als Juristin machen. Die klassischen Juristenberufe, die ich während des Referendariats kennenlernen durfte, reizten mich überhaupt nicht. Also besann ich mich, warum ich das Jurastudium überhaupt begonnen hatte: Ich wollte mich im Rechtssystem auskennen, vor allem damit mich keiner so leicht „über den Tisch ziehen“ kann. Aber auch, um vielleicht mal ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen, denn das Rüstzeug dafür hatte ich während des Studiums gelernt.

 

Die Erkenntnis also, dass ich nicht den ganzen Tag (oder sogar noch die Nacht) gestriegelt und gebürstet im Büro verbringen wollte und mein anspruchsloses Leben während der Studienzeit problemlos noch viele weitere Jahre fortführen kann, mündete in den Wunsch lieber ein freies und genügsames Leben zu haben.

 

Martin: Im April 2016 war es bei mir soweit: Ich trat meine erste Vollzeitstelle als Angestellter an und war zunächst einmal positiv überrascht. Die Kollegen waren allesamt nett und hilfsbereit, ich wurde geduldig eingelernt und mir machte es Spaß meine Projekte voranzutreiben. Im Grunde hat alles gepasst (bis auf das Essen in der Kantine).
Trotz dieser Voraussetzungen war mir bereits nach einigen Monaten klar, dass ich solch‘ einen Job nicht die nächsten 40 Jahre lang in Vollzeit ausführen möchte. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Inhalte des Jobs oder um die Kollegen, denn damit war ich vollauf zufrieden.
Es geht einzig und allein um die Zeit, die der Vollzeitjob frisst: Es bleibt (für meinen Geschmack) schlichtweg zu wenig Zeit für Sport, Zweisamkeit, Müßiggang, aber auch für Dinge wie unseren Blog und generell meine nebenberufliche Selbständigkeit (die ich auch als Hobby sehe) übrig. Inklusive Fahrtzeit gehen an 5 Tagen pro Woche jeweils 10 Stunden für den Job drauf. Mir war sehr schnell bewusst, dass ich das so nicht 40 Jahre lang hinnehmen möchte und werde.
Meinen Job vollständig zu kündigen ist dabei gar nicht mein Ziel: Sehr gut kann ich mir vorstellen den Bürojob langfristig gesehen in Teilzeit auszuüben, beispielsweise nur an drei Tagen pro Woche zu arbeiten und den Rest der Zeit mit den oben genannten Aktivitäten zu füllen. Dass meine Frau und ich trotz aktuell noch eher geringem Einkommen (ich im öffentlichen Dienst, sie noch im Referendariat) monatlich relativ viel Geld sparen und uns ein genügsamer Lebensstil sehr zusagt, hat mich auch schnell zu der Erkenntnis gebracht, dass dieses Ziel durchaus erreichbar ist.
Kurz gesagt bevorzuge ich ganz klar die Kombination „viel Zeit & viel Genügsamkeit“ gegenüber der Kombination „viel Arbeit & viel Konsum“.

Mit welcher Finanzstrategie baut Ihr Vermögen auf? 

Pia & Martin: Zunächst einmal ganz klar durch eine hohe Sparquote, sofern man das als Finanzstrategie bezeichnen kann. Genügsam leben und mehr Geld verdienen als ausgeben ist ganz klar die Basis. Das dadurch angesparte Geld fließt bei uns anschließend zu etwa gleichen Teilen in risikoarme und in risikobehaftete Anlagen.
Der risikoarme Teil besteht hauptsächlich aus Bausparverträgen und einem Tagesgeldkonto. Bausparverträge werden in der Finanzblogszene oftmals u.a. aufgrund der hohen Abschlussgebühren als kritisch angesehen. Bei uns ist jedoch abzusehen, dass wir langfristig für Hausrenovierungen auf eine gute Stange Geld zurückgreifen müssen. Insofern ist da ein Bausparvertrag nicht ganz abwegig.

Was den risikobehafteten Teil betrifft, investieren wir den größten Teil davon in breit gestreute ETFs (etwa 60% des risikobehafteten Teils), zusätzlich etwa 35% in namhafte Einzelaktien mit ansprechender Dividendenrendite und knapp 5% in P2P-Kredite auf den Plattformen Mintos, Twino und Bondora.

Um das Gesamteinkommen etwas zu pushen, aber auch weil wir das Konzept interessant finden und es als spannend ansehen ein eigenes Produkt selbständig auf den Markt zu bringen, befassen wir uns seit einigen Monaten nebenberuflich mit Amazon FBA. Hier werden wir versuchen ein selbst designtes Produkt mittels FBA zu vertreiben. Dadurch, dass Amazon in diesem Programm die komplette Lagerung und Versendung an die Kunden übernimmt, besteht theoretisch die Möglichkeit langfristig ein (relativ) passives Einkommen aufzubauen und das Business nebenberuflich zu betreiben. Das Ganze macht aber dermaßen Spaß, dass es für uns gar nicht „passiv“ sein muss, es ist aktuell wie ein Hobby.
Zusätzlich hoffen wir, dass unser Blog www.zinskraft.de mittelfristig ein paar Euros abwirft 😉

 

Wie weit seid Ihr auf dem Weg zum Ziel?

Pia & Martin: Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ausschließlich von den Erträgen des Kapitalmarktes leben zu können, sind wir noch viele Jahre entfernt, auch weil unsere Aktienquote wegen der angesprochenen Bausparer nicht so hoch ist wie bei vielen anderen Finanzbloggern.

Nimmt man jedoch unser eigentlich angepeiltes Ziel als Maßstab (Bürojob nur noch in Teilzeit und nebenher ein teilweise passives Einkommen über Amazon FBA und ggf. dem Blog zu generieren) dann sind wir wahrscheinlich schon jetzt nah am Ziel.

Denn im Grunde genommen würde es durch unseren genügsamen Lebensstil bereits jetzt ausreichen, wenn wir beide nur noch in Teilzeit arbeiten würden. Allerdings ist dieses Bedürfnis aktuell noch nicht so stark vorhanden und wir möchten im Moment auch möglichst viel ansparen und investieren, auch in unser Unternehmen (zwecks Amazon FBA).

Spätestens wenn Kinder im Haus sind, wollen wir jedoch beide unseren Fokus auf das Kind und unser gemeinsames Leben legen, anstatt auf der Arbeit. Dafür legen wir aktuell die Basis.

Was würdet Ihr als wesentliche Hürden bezeichnen, die Euch von Eurem Weg schon mal abgebracht haben oder bei denen Ihr befürchtet, dass sie Euch abbringen könnten?

Pia & Martin: Grundsätzlich sind dies Dinge wie ein Jobverlust, ein komplettes Versagen hinsichtlich des Amazon FBA-Business, eine langwierige Krise der Weltwirtschaft sowie Probleme mit unserer Gesundheit, aber auch der Pflegefall eines Angehörigen.

Dennoch denken wir, dass all dies lediglich temporäre Probleme sind und es dann wichtig ist, den Kurs zu halten und sich nicht verunsichern zu lassen. Gerade am Aktienmarkt sind solche Phasen normal. Wir hoffen, dass wir dann mental so stark sein werden trotzdem „auf Kurs“ zu bleiben.
Sich aktuell großartig den Kopf darüber zu zerbrechen, halten wir für wenig zielführend. Genauso gut kann es schließlich auch anders laufen, zum Beispiel durch Beförderungen im Job, einem sehr gut laufenden Amazon FBA-Business, dauerhaft guter Wirtschaftslage und langer Gesundheit von uns und unseren Angehörigen.

Ansonsten kann es vielen sicherlich auch passieren, dass sie durch die Gesellschaft, bzw. Freunde, Bekannte und Verwandte, die eben überwiegend nicht diesen genügsamen Lebensstil führen, eher wenig bis nichts am Kapitalmarkt investieren und sich nicht um Nebeneinkünfte bemühen, von ihrem Vorhaben abgebracht werden. Wenn die meisten Menschen bestimmte Dinge für richtig oder normal halten (sich viel gönnen und wenig investieren), hält dies einen persönlich ggf. davon ab, einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Gefahr sehen wir für uns allerdings nicht, weil wir schon immer das getan haben, was wir persönlich für richtig halten und uns wenig von außen beeinflussen lassen, sondern selbst recherchieren und uns eine Meinung bilden.

In wie vielen Jahren oder mit welchem Vermögensstand plant Ihr Eure finanzielle Freiheit erreicht zu haben?

Pia & Martin: Das ist bei uns schwierig vorherzusehen. Gerade wegen des Geschäfts, das wir aktuell aufbauen: Es kann floppen oder gut laufen. Das macht es unmöglich, Berechnungen aufzustellen. Auch weiß Martin nicht, wie lange er in Vollzeit arbeiten möchte und Pia weiß noch nicht, wo und wie viel sie nach dem Referendariat arbeiten wird.

Unser Ziel besteht jedoch darin möglichst in absehbarer Zeit lediglich in Teilzeit zu arbeiten (spätestens wenn Kinder da sind), dies gerne auch bis zum Alter von ca. 55 Jahren. Insofern sparen und investieren wir aktuell einfach so viel, wie es eben geht und können wegen zukünftig wahrscheinlich stark schwankender Einkünfte keine klare Prognose abgeben.

Wir sind in dieser Hinsicht aber nicht so streng mit uns selbst und setzen uns keine festen Investitionsziele, sondern investieren eben das, was gerade an Geld übrig ist.

Vielmehr möchten wir einfach bereits jetzt und in naher Zukunft ein entspanntes und genügsames Leben führen, anstatt ein „Berserkersparen“ nach Plan und mit maximaler Rendite an den Tag zu legen, nur um womöglich spätestens mit XX Jahren komplett finanziell frei zu sein.

Wie sieht Euer Leben aus, wenn Ihr Euer Ziel erreicht haben werdet? Wie stellt Ihr Euch das vor?

Pia & Martin: Was uns an freien Tagen mitten in der Woche reizt, ist vor allem das antizyklische Leben: Ausflüge und Unternehmungen machen, wenn nicht alles überfüllt ist und von Menschen überflutet. Mehr Zeit für Müßiggang haben. Mehr Zeit für Dinge, die uns Spaß bringen (Sport, Bücher, Ausflüge etc). Mehr Zeit für die Natur. Mehr Zeit zum Sinnieren. Mehr Zeit für die Familie. Mehr Zeit für spannende Weiterbildungen.

Trotzdem würden wir wohl kaum „nichts mehr arbeiten“. Neben der angesprochenen Arbeit im aktuellen Job in Teilzeit würden wir mit Sicherheit auch in irgendeiner Form einer selbständigen Tätigkeit nachgehen. Sei es Amazon FBA, der Blog oder etwas anderes, das uns Spaß bereitet. Weiterhin Aufgaben zu haben und gefordert zu werden, ist eben einfach wichtig und erfüllend.
Nur eben nicht im Angestelltenverhältnis in Vollzeit von Montag bis Freitag und für 35 Jahre.

Was glaubt Ihr, werden die wesentlichen Vorteile Eures zukünftigen Lebens zu Eurem bisherigen Leben sein?

Pia & Martin: Als elementaren Aspekt sehen wir das so genannte „Fuckyoumoney“ an. Durch ein Finanzpolster, das man sich selbst aufbaut, entsteht eine gewisse Unabhängigkeit vom Arbeitgeber. Wenn man also im Job nur herumgeschubst wird und unzufrieden ist, fällt es einem durch das „Fuckyoumoney“ leichter, dem Chef „F*** You!“ zu sagen und sich nach etwas Neuem umzuschauen.

Einen Vorteil sehen wir also darin, nicht mehr abhängig von einem Angestelltenverhältnis zu sein und den Vorgesetzten in den Allerwertesten kriechen zu müssen.  Wir möchten großteils selbst entscheiden, was wir tun und wie wir unsere Zeit verbringen.

Könnt Ihr Euch auch Nachteile der finanziellen Freiheit vorstellen?

Pia & Martin: Für nicht so kreative Menschen, die nach Erreichen der finanziellen Freiheit keine Ideen für eigene Projekte haben oder Menschen, die einfach aufgrund fehlender Hobbies oder fehlendem Nachwuchs nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen, ist die finanzielle Freiheit womöglich gar nicht so erstrebenswert.

Für diese Leute ist womöglich ein dauerhaftes Angestelltenverhältnis die bessere Wahl, da sie sonst eventuell in ein Loch fallen oder sich nutzlos vorkommen würden.

Wir glauben jedoch, dass dies kaum auf finanziell freie Menschen zutrifft, denn diese haben sich schließlich bereits Jahre zuvor Gedanken über die Thematik gemacht und Pläne geschmiedet, was sie mit der gewonnenen Zeit alles anstellen können. Zudem haben sie bereits Kreativität durch ihre Investments bewiesen, sodass ihnen sicherlich auch sinnvolle und kreative Tätigkeiten einfallen, nachdem sie die finanzielle Freiheit erreicht haben 😉

Was erfahren Leser auf Eurem Blog?

Pia & Martin: Bei www.zinskraft.de dreht sich – wie sollte es anders sein – viel um die Themen finanzielle Unabhängigkeit, Geld verdienen, Sparen und Investieren. Neben der Gegenüberstellung von Fakten fließen bei uns sehr viel eigene Gedanken und Ansichten sowie Erfahrungen in die Artikel mit ein.

Zudem berichten wir laufend über unseren Start mit Amazon FBA und diskutieren dort wichtige Schritte für den Einstieg in dieses Business.

Als zweiter größerer Themenbereich behandeln wir die Themen Kraftsport & Ernährung und verfassen auch Produktreviews zu verschiedensten Produkten aus dem Bereich Fitness & Gesundheit.

Vielen Dank, Euch beiden, für das schöne und interessante Interview!