Um die Jahreswende häufen sich die Coachings, die ich mit Menschen haben, die eine Gehaltserhöhung fordern oder ihren Stundensatz erhöhen wollen. Es geht um die passenden Argumente und natürlich auch um die angemessene Höhe. Es geht aber meist um noch was. Um kleine, sehr beharrliche Stimmen im Kopf, die zunächst einmal festlegen, wieviel wir selbst meinen, wieviel wir eigentlich wert sind. Ein paar dieser Stimmen möchte ich in diesem Beitrag gerne vorstellen, als Anregung für Sie, einmal zu schauen, welche Stimmen sich in Ihrem Kopf eingenistet haben.
Diese Stimmen - im Coaching nennen wir sie auch Glaubenssätze - sind übrigens in der Regel in der Kindheit entstanden, wahlweise haben wir sie von Erwachsenen übernommen oder wir haben sie damals entwickelt, weil sie uns beispielsweise vor Enttäuschung schützen sollten. Sie haben aber nichts mit der Realität (welcher?) zu tun, sondern sind ein Realitätskonstrukt. Viele andere Menschen haben andere Realitätskonstrukte, die genauso gültig sind. Und manche Stimmen sind bei Gehaltsverhandlungen und Preiserhöhungen unterstützend, andere weniger.
Hauptsache, ich habe einen Job
Kein guter Satz für eine Gehaltserhöhung. Um nicht zu sagen, wenn diese Stimme überwiegt, dann wird jeder Job angenommen, egal zu welchem Gehalt. Selbst Gehaltskürzungen führen nicht dazu, sich nach einer neuen Lösung umzuschauen. In meinem Modell von Welt ist dieser Satz sehr hinderlich, nicht nur in Sachen Geld, sondern auch in Bezug auf den Inhalt der Tätigkeit. Hier gilt es neue Modelle zu entwickeln, die es ermöglichen zuzulassen, zu fragen, was möchte ich für einen Job haben und wieviel ist meine gute Arbeit wert? Was fast eine komplette Kehrtwendung darstellt, aber eine Interessante, oder?
Geld spielt keine so große Rolle – oder auch: Ich komm schon über die Runden
Ja, dann ist ja gut. Denn mehr wird hier nicht kommen. Sollte sich doch eine gewisse Unzufriedenheit einstellen, dann heißt es, sich eben doch mit Geld zu beschäftigen. In der Anstellung mal zu schauen, was andere Menschen mit ihrer Qualifikation verdienen und was die Frage nach einer Gehaltserhöhung wohl für Auswirkungen hätte. Als selbständige oder unternehmerisch aktive Person steht hier meist als erstes an, sehr genau zu rechnen, was eigentlich am Ende übrig bleibt. Meist sind die Stunden- oder Tagessätze, wahlweise die Verkaufserlöse, viel zu niedrig, um nach Abzug aller Kosten auch einen guten Stundenlohn zu erhalten. Ist ja auch nicht so wichtig, man kommt auch mit wenig Geld über die Runden. Heißt auch, diese Stimme zu hinterfragen und vielleicht neue Stimme in den Kopf einziehen zu lassen. Stimmen, bei denen es um Wert und Anerkennung geht und die erlauben, einen Stundenlohn als Minimalhöhe festzulegen und diesen dann auch zu vertreten.
Meine Kunden haben doch auch kein Geld
Ein Satz, den ich bei Selbständigen gerne zu hören bekommen und der sehr wirksam ist, wenn die Erhöhung des Stundenhonorars mindestens ein weiteres Jahr hinausgeschoben werden soll. Oder bestehende Kunden von der Erhöhung ausgenommen werden.
Manchmal wird dann das mögliche größere Opfer der Kunden höher gewertet, als die Tatsache, dass sie selbst kaum an ihrer Dienstleistung oder ihrem Produkt verdienen.
Wenn der Satz auf Sie zutrifft, nehmen Sie sich ihre Lieblingsklienten einzeln vor. Wahlweise geht dies gedanklich, in dem sie kritisch schauen, ob die Annahme wirklich stimmt. Wenn es sehr gute Klienten sind, können Sie möglicherweise auch ausgewählte Kunden direkt fragen. Wenn Sie in einem Kundenkreis unterwegs sind, der bei einer Preiserhöhung abspringen wird, dann machen Sie sich gleich Gedanken, wer denn noch als Kunden in Frage kommt. Schauen Sie sich nach zahlungskräftigeren Kunden um. Ihr neuer Satz könnte lauten: Ich finde nette Kunden, die auch noch Geld haben und meine Arbeit auch finanziell wertschätzen können und wollen.
Ich bin es nicht wert
Leider ist diese Stimme weit verbreitet und kann logischerweise sehr blockierend wirken. Es braucht neue Glaubenssätze, neue Vorstellungen, wie das Leben auch sein kann. Und diese müssen lange eingeübt werden, bis das Gehirn in der Lage sein wird, diese als gleichwertig und später als wichtiger zu akzeptieren, als den alten Satz. Ich habe gute Erfahrungen mit Coachingtechniken wie Wingwave oder dem sozialen Panorama gemacht, um hier alte Muster aufzulösen. Tipps, wie dieses alleine geht, habe ich leider nicht. Ich möchte keine platten Ratschläge geben, an deren Wirkung ich selber nicht glaube.
Geld bedeutet für mich Anerkennung
Diese Stimme ist bei mir eine laute Stimme, entsprechend kann ich hier von meinen eigenen Gedanken berichten:
Bei meiner letzten Anstellung dachte ich bei einer eingeforderten Gehaltserhöhung, das dies auch billiger gegangen wäre, mit einem offen ausgesprochenen Lob für meine Arbeit. Da mein Arbeitgeber dazu nicht in der Lage war, habe ich irgendwann den Wunsch nach einer Gehaltserhöhung geäußert. Und mich natürlich gefreut – auch über die kurze Verhandlungszeit, die der Vorstand dafür gebraucht hat – es waren für mich Merkmale der Anerkennung, das mehr an Geld hat sich schnell relativiert und war mir nicht wirklich wichtig.
Bei der Verhandlung über Honorare ist dies heute nicht anders. Ist das Honorar angemessen, so dass ich mich für meine Leistung anerkannt fühle? Bei mir hat dies nach oben hin auch Grenzen. Am Anfang meiner Tätigkeit als Trainerin habe ich gefühlt teilweise zu viel Vorschusslorbeeren und damit auch zu hohe Honorare angeboten bekommen. Also zu viel vorweggenommene Anerkennung, die mich die Nacht vor dem Training hat schlecht schlafen lassen. Weil Anerkennung auf der anderen Seite ja auch Erwartung ist, der man gerecht werden muss. Heute weiß ich auch, wo nach oben meine Grenzen sind. Mit jedem Jahr an Erfahrung dürfen diese nach oben wachsen, verbunden mit einem gesunden Nachtschlaf und dem Gefühl, ich werde den Erwartungen meiner Kunden gerecht.
Wenn dieser Glaubenssatz für Sie stimmt oder stimmig werden soll, dann fühlen Sie in sich hinein, bei welchem Gehalt oder bei welchem Honorar Sie sich angemessen anerkannt fühlen. Beispielsweise kann dies bei einem Stundenhonorar so aussehen: 15,- zu wenig, 30,- geht im Notfall, 50,- passt bei besonderen Kunden, 70,- fühlt sich gerade sehr passend an, 100,- fühlt sich irgendwie ein bisschen hoch an, aber ist schon gut vorstellbar, 120,- aber nur bei Kunden mit viel Geld, über 150,- nee, das passt nicht mehr. Genauso geht dies auch bei Gehältern, hier sind bloss die Abgaben ein bisschen spaßbremsend, weil am Ende im Netto oft wenig übrig bleibt.
Hauptsache, ich verdiene viel Kohle
Hier wird Geld in den Hauptfokus gerückt, die Tätigkeit spielt eine nachgerückte Rolle. Ein wirkliche zielführende Stimme, wenn es darum geht, viel Geld zu verdienen. Mir sind auch noch nie Menschen in meinen Coachings begegnet, die mit diesem Satz Probleme bei der Gehaltserhöhung haben. Wenn sie kommen, dann meist auf dem Weg weg von dieser Stimme. Menschen, die viel verdienen, aber beginnen an der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit zu zweifeln. Da sie dort viel Geld verdienen, ist ein Wechsel zu etwas Anderem ein großer Schritt.
Solange diese Stimme in Ihrem Kopf der Hauptantreiber ist, kann dies funktionieren. Wenn andere zweifelnde Stimmen in Bezug auf Sinn und meist auch Zeit aufkommen, dann baucht es neue Modelle, die am Anfang Angst machen können, die aber vielen Menschen, die diesen Weg gegangen sind, ganz neue Aspekte und Möglichkeiten des Lebens gezeigt haben.
Wahrscheinlich gibt es noch viele weitere Stimmen, die letztlich zielführend oder eben hinderlich wirken, wenn es um die Ermittlung des Wertes Ihrer Arbeit geht. Ob zuhause oder im Coaching, es hilft, diese Stimmen zu kennen. Sie wirken in jedem Fall, meist unbewusst. Werden sie bewusst, haben Sie mehr die Möglichkeit in den Dialog mit den Stimmen zu treten und zu schauen, ob Sie dieser Stimme weiterhin Glauben schenken wollen oder eben nicht. In der Eigenarbeit braucht dies Zeit, im Coaching geht es manchmal ein bisschen schneller. In jedem Fall wünsche ich Ihnen bei der Entdeckung Ihrer Stimmen und beim Finden und Einfordern Ihres angemessenen „Arbeitswertes“ viel Erfolg!
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Lilly (Samstag, 04 Juli 2015 10:05)
wie wahr..mir ist kürzlich folgendes passiert, die Kundin bat mich Ihr mit dem Preis entgegen zu kommen was ich auch tat und am Ende der Sitzung sagte sie mir sie sei 3 Wochen weg, eine Rundreise durch Kanada.Bei so viel dreistheit fiel mit der Kinnladen runter. Und als de Kundin dann wieder ein Termin wollte sagte ich ihr welchen Preis ich verlange, das war ihr dann doch zu teuer, sie war ja 3 Wochen in Kanada :-) . Am Ende kommt es immer so wie es sein soll.
Herrliche Sommergrüsse
Lilly
Madelaine (Dienstag, 15 November 2016 19:54)
Sehr interessanter Beitrag, der aufgrund der konkreten Lösungsansätze gleichzeitig äußerst hilfreich ist. Herzlichen Dank!