Coaching arbeitet viel mit Fragen. Von außen gestellte Fragen, die wichtige Denkprozesse in Gang setzen und neue Ideen und Sichtweisen für alle Beteiligten ermöglichen. Auf dem Weg Coach zu werden, lernt man, die grundsätzliche gesellschaftliche Idee der dummen Frage oder der Vorstellung, wenn man fragt, weiß man etwas nicht und das könnte peinlich sein, in Frage bzw. komplett auf den Kopf zu stellen. Eben den Satz von der dummen Frage in die Vorstellung von klugen Fragen umzuwandeln. Denn meistens haben wir etwas anderes gelernt:
Bereits Kindern wird in unserer Gesellschaft vermittelt, dass ihre Frage nerven. Gut, gerade kleine Kinder fragen viel und manchmal ist das anstrengend. Wenn es uns gelingt, in dieser Phase den Kleinen geduldig Antworten zu geben oder mit ihnen gemeinsam nach Antworten zu suchen, ist das ein guter Anfang. Wenn diese Phase noch gut überstanden wurde, dann lernen leider die meisten Kinder in der Schule, dass Fragen ein Zeichen von Schwäche und Dummheit sind. Lieber etwas nicht so genau verstehen, als mit der Frage dies auch noch allen deutlich zu machen. Auch wenn es die halbe oder gar ganze Klasse nicht verstanden hat. Eltern und Lehrende tun meistens wenig, um eine offene Frage-Kultur zu entwickeln. Und sie stellen oft selbst keine Fragen mehr, tun so, als seien sie allwissend. Das entspricht dem Rollenbild, das haben sie von ihren Eltern und Lehrenden ja auch so gelernt.
Das ganze hat für alle Generationen und ganz konkret für Sie einen Haken: Wenn Sie keine Fragen stellen und sich mit dem, was Sie bisher wissen, möglichst durchmogeln, dann gibt es nur wenige Chancen für eine Veränderung in Ihrem Leben. Denn in allen Lebensbereichen, in denen Sie aufgehört haben zu fragen, haben Sie sich möglicherweise in den Jahren nicht oder nur wenig weiterentwickelt. Wichtige Veränderungen finden in der Regel dann statt, wenn ich etwas in Frage stelle. Wenn ich mir bewusst die Frage stelle, ob ich so weitermachen will. Wenn ich in der Partnerschaft bestehende Umgangsformen in Frage stelle oder auch nur frage, ob mein Partner auch mal Lust auf eine bisher für uns ungewohnte Aktivität hat. Bei der Arbeit ist dies natürlich genauso, hier können Dinge erfragt werden, um Abläufe zu verstehen oder zu verstehen, warum die Kollegin eine bestimmte Aktion immer so oder so durchführt.
Natürlich, man kann sich gut fühlen, wenn man nicht fragen (muss). Man fällt nicht auf und keiner übt Kritik, wenn man es so tut, wie die meisten es tun. Leider entspricht es auch unserem Führungsbild: Immer einen Schritt voraus, besser, intelligenter, klüger und wissender als die anderen. Und alle nehmen sich diese Führungskraft auch noch als Vorbild. In Wahrheit ist es umgekehrt! Die Menschen, die nicht (mehr) fragen, bleiben da, wo sie sind.
Ich möchte Sie einladen, wieder mehr Fragen zu stellen. Und zwar gute Fragen. Die Sie und die gefragte Person anregen. Anregen Wissen zu teilen, Dinge und Sichtweisen zu erklären und vielleicht ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Oder zumindest Verständnis für die Sicht des anderen zu entwickeln. Die Qualität Ihrer Fragen bestimmt die Qualität Ihres Lebens. Ein grundlegender Satz, bei dem Sie sich gerne selbst fragen können, ob der für Sie stimmt. Wenn dem so ist oder Sie sich nicht sicher sind, aber es mal ausprobieren wollen, dann beginnen Sie gleich heute: Was wollten Sie Ihre Frau, Ihren Mann, Ihre Mutter oder Ihren Vater, der Chefin, den Mitarbeiter oder eine gute Freundin immer schon mal fragen? Nur haben Sie sich bis heute nicht getraut? Dann ist heute der beste Tag, um endlich diese Frage zu stellen. Und sobald Sie mit der angefangen haben, werden immer mehr Fragen kommen. Eine nach der anderen. Sie werden vielleicht erstaunt sein, wie viele spannende und erleuchtende Antworten Sie bekommen. Und wie sich Beziehungen verbessern und intensivieren. Ja, und wie sich damit auch Ihr Leben in einer Art und Weise verändert, wie Sie es niemals für möglich gehalten hätten!
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