In der Gründungsliteratur und bei vielen Kollegen lese und höre ich immer wieder, dass man sich bei seinem beruflichen Werdegang auf eine Sache spezialisieren soll. Ich teile diese Meinung nicht. Dabei definiere ich allerdings das Leben auch nicht nur aus der Brille des Erfolges und schon gar nicht ausschließlich mit der Brille des maximalen Gewinns. Mindestens für letztes ist der Rat, ein Experte zu werden, wahrscheinlich in vielen Fällen sehr erfolgversprechend. Sicherlich auch, wenn man für ein Thema total brennt. Dann liegt es nahe, sich auf dieses zu spezialisieren.
Dennoch gibt es viele Menschen, die sich für mehrere Themen interessieren und die in diesen unterschiedlichen Themen auch bestimmten Menschen oder Kundengruppen viel geben können. Meistens sind vielfältig talentierte Menschen überfordert oder zumindest sehr unglücklich mit der Forderung, sich auf ein Thema zu konzentrieren. Vielfalt und Abwechslung kann auch ein Lebensziel sein. Ich finde, das kann genauso wertvoll sein, wie Expertentum und daraus resultierende hohe Stundensätze. Lasst Experten unter uns sein und vielfältige UnternehmerInnen, die Lust haben, in unterschiedlichen Bereichen unterwegs zu sein. Auch in großen erfolgreichen Unternehmen findet sich schließlich beides. Solche, die sehr spitz auf ein Produkt und ein Image fokussiert sind und solche, die mit einer breiten Produktpalette unterwegs sind.
Zielgruppen und deren Bedürfnisse ansprechen
Wer mit unterschiedlichen Angeboten unterwegs ist, sollte allerdings darauf achten, die jeweils eigene Zielgruppe für das entsprechende Angebot punktgenau anzusprechen. Niemand findet sich wieder, wenn alles für alle diffus bleibt und der Eindruck der ganz offenen Beliebigkeit entsteht. Auch wenn diese Vielfalt in vielen Felder am Ende des Tages sogar ein Vorteil sein kann, weil Fachwissen aus anderen Bereichen mit einfließen kann, so will man sich bei der Suche nach einer Problemlösung schon gerne ein möglichst konkretes Bild machen, wie das Problem gelöst werden soll. Wenn also eine Optikerin auch noch als Modedesignerin unterwegs ist, dann ist es schön, wenn ich das modische Know-How bei meiner Brillenauswahl mit nutzen kann. Trotzdem würde zuviel Information zu den Entwürfen als Modedesignerin in der Optikerwerbung eher irritieren.
Ins Tun kommen und dranbleiben
Experten, die sich für eine Sache entschieden haben, können dem Tun nicht leicht entkommen. Der Weg ist klar gezeichnet, auch bei Tiefschlägen geht es in der gleichen Richtung weiter. Hier haben es vielfältige Menschen schwerer. Sie können nämlich ausweichen. Manchmal kann das natürlich hilfreich sein, wenn sich ein Produkt als nicht so erfolgreich erweist, wie eigentlich gedacht. Aber es gibt auch viele Situationen, wo man vielleicht doch ein bisschen länger an der Markteinführung dranbleiben sollte. In ganz extremen Fällen kommt es über ganz viele tolle Ideen kaum hinaus, weil immer neue Ideen sprudeln, aber gleich bei der ersten Realisationshürde ad acta gelegt werden. Um etwas Neues zu beginnen. Wem dieses Thema vertraut ist, der kann sich selbst mit mehr Verbindlichkeit auf die Sprünge helfen. Zunächst gilt es alle unternehmerischen Ideen zu notieren und für jeden eine kleine individuelle Existenzgründung vorzunehmen. Wer braucht das Angebot? Wie groß ist die Zielgruppe und wie kann sie erreicht werden? Welche Entwicklungsphase braucht das eigentliche Angebot/Produkt? Wie lässt es sich erweitern und möglicherweise auf eine größere Zielgruppe ausdehnen? Wo liegen Risiken in der Entwicklung, Markteinführung und im Vertrieb? Dies – und einiges mehr – sind Fragen, die für jede Idee, jedes Angebot und jedes Produkt durchgespielt werden. Danach stellt sich die Frage, mit welcher Idee fange ich an. Und wie lange gebe ich mir für die Umsetzung der Idee Zeit? Passt vielleicht noch ein zweiter Plan, weil das erste Produkt gar nicht soviel Zeit in Anspruch nimmt? Wenn ja, kann noch eine zweite Idee ausgewählt werden. Und bei aller Vielfalt – in diesem Augenblick kommen diese beiden Sachen (oder eben nur eine – oder manchmal vielleicht auch drei) zum Zuge. Und werden in die Tat umgesetzt oder zumindest auf den Weg gebracht. Alle andere Ideen, Produkte und genialen Angebote finden zunächst Platz in einem Ideenbuch, im Computer oder an einer großen Notizwand. Wenn wieder Platz ist, können neue Ideen aufgegriffen werden. Nicht beim ersten Tiefschlag, sondern wenn die ersten Pläne mehr von alleine laufen und die ersten Hürden umschifft haben. Natürlich kann es auch mal einen Fehlschlag geben, bei dem es Sinn macht, das Projekt abzubrechen. Einmal und begründet ist dies eine kluge Entscheidung. Immer, weil es eben doch manchmal anstrengend ist, bedeutet es Stillstand, weil nie irgendwas zum Erfolg kommen kann.
Den Überblick behalten
Wer an mehreren Baustelle gleichzeitig aktiv ist, der braucht einen guten Überblick. Was steht wo an? Was kann gerade ruhen, kommt aber nächste Woche wieder dran? Und wie komme ich zügig wieder in Vorgänge, die nicht die ganze Zeit präsent sind? Wie sieht die längerfristige Planung aus, bleibt genug Luft für Rückschläge, die bewältigt werden wollen? Hier helfen Projektplanungstools oder auch nur eine gute To-Do-Liste.
In der Vielfalt ist es schön, reich zu werden. Deshalb heißt es auch, im finanziellen Bereich den Überblick zu behalten. Mit welchen Kunden, Angeboten oder Produkten lässt sich viel Geld verdienen und bei welchen anderen sind entweder die Umsätze gering oder die Kosten so hoch, dass am Ende kaum Gewinn übrig bleibt? Diese Zahlen sind natürlich auch zentral, wenn es darum geht, sich von alten Zöpfen zu verabschieden und neue Projekte zu beginnen.
Vielfalt als Stärke und nicht als Defizit erleben
Selbständige und UnternehmerInnen, die in dieser Form ihre Vielfalt leben können, werden sicherlich nicht als Spezialisten wahrgenommen, aber als vielfältige Allrounder, die in der Lage sind querzudenken, Know-how aus ihren vielfältigen Fachbereichen einfließen zu lassen. Sie verfügen meist durch diese Vielfalt auch über ein breites Netzwerk, welches unterstützen kann und unterstützt wird. Sie haben auch immer die Augen und Ohren offen und schauen breit, was sie noch aufnehmen und anbieten könnten. Wer die Erfahrung gemacht hat, mit diesem Weg erfolgreich zu sein, der lächelt über den Ratschlag, sich auf eine Nische zu spezialisieren. Und denen, die gerade überlegen, dass sie sich gerne selbständig machen wollen und verzweifelt nach ihrer Nische suchen, möchte ich ermutigen, sich auf die eigenen Fähigkeiten und auf das zu besinnen, was sie gerne machen wollen. Wenn dies mehrere Dinge sind, ja dann ist vielleicht das Nischenexpertentum gar nicht der richtige Weg. Vielleicht entspricht der Weg dann eher einem Waldweg, bei dem viele kleine Pfade mal nach hier und nach da führen, einige enden wieder im großen Weg, haben dabei aber wunderbare Blicke auf eine Lichtung ermöglicht, andere waren Sackgassen und andere haben mal in eine andere Richtung geführt, die ganz neue Perspektiven eröffnet haben. In diesem Sinne möchte ich Mut machen, vielfältig unterwegs zu sein. Gerne unterstütze ich Sie beim Finden Ihres ganz persönlichen Weges – sprechen Sie mich gerne an.
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